Für ihren Text „Warten auf Ava“ erhielt Anna Stern (Bischofberger), geneigte Leserinnen, geneigte Leser, an den 42. Tagen der deutschsprachigen Literatur in Klagenfurt von der hochkarätigen Jury den 3sat-Preis. Anna Stern wurde 1990 in Rorschach geboren. Sie wohnt in Zürich, wo sie seit diesem Jahr am Institut für Integrative Biologie der ETH doktoriert. Sie veröffentlichte die Romane „Schneestill“ (2014) und „Der Gutachter“ (2016) sowie einen Band mit Short Stories unter dem Titel „Beim Auftauchen der Himmel“ (2017). Ihr dritter Roman „Denn du bist wild wie die Wellen des Meeres“ erscheint im Januar 2019 – wie die drei vorherigen Bücher im Zürcher Salis Verlag.
14 Autorinnen und Autoren aus Deutschland, Österreich und der Schweiz lasen in Klagenfurt am Donnerstag, Freitag und Samstag vergangener Woche je einen halbstündigen Text. Die sieben Jurymitglieder – prominente Literaturkritikerinnen und -kritiker ebenfalls aus den drei Ländern – hatten je zwei Autorinnen und Autoren zum Wettbewerb eingeladen. Nach den einzelnen Lesungen diskutierte die Jury die Texte während rund dreissig Minuten. Gestern Sonntag wählte sie dann die vier Preisträgerinnen und Preisträger: Tanja Maljartschuk (35) für den Bachmannpreis, Bov Bjerg (56) für den Deutschlandfunkpreis, Özlem Özgul Dündar (35) für den KELAG-Preis und Anna Stern (28) für den 3sat-Preis.
Anna Sterns Text spielt am Spitalbett von Ava, einer jungen, schwangeren Frau, die im Koma liegt. Sie ist in Schottland in der Umgebung eines Ortes verunfallt, an dem vor vielen Jahren ein Flugzeug abgestürzt ist. Sie gelangt in den Schutz des Wracks und wird dort gefunden. Sechs Personen setzen sich abwechselnd zu ihr ans Spitalbett, sprechen mit ihr oder über sie oder über sich selbst. Dabei gibt es viele literarische Referenzen. Die Sprechenden entfalten als Einheit in der Vielfalt ihrer Stimmen eine rätselhafte, mysteriöse, magische, beschwörende Stimmung. Kein Wunder, dass Anna Sterns Text von der Jury äusserst kontrovers diskutiert wurde. Je nach Lesezugang reagierten die Kritikerinnen und Kritiker mit Ablehnung, zweifelnder und wohlwollender Ratlosigkeit oder mit Begeisterung. Nichts wies deshalb darauf hin, dass die Jury diesen Text schliesslich am Sonntag als preiswürdig erachten würde. Dass dem nun so wurde, spricht für die Langzeitwirkung des Textes und somit für dessen literarische Qualitäten. Keine leichte Kost, ein anspruchsvoller Text, eine Mysterium, mit dem auseinanderzusetzen sich lohnt. Grossartig. Dies jedenfalls meint, geneigte Bücherleserin, geneigter Bücherleser,
Ihr Federfuchser
PS: Die Lesung von Anna Stern und die Diskussion der Jury findet man unter: https://bachmannpreis.orf.at/ in der Rubrik On demand