Erlebnisreise ins Mittelalter

Eine lebendige Kirchgemeinde bietet ihren Mitgliedern mehr als nur kirchliche Aufgaben wie Gottesdienste, Taufen oder Beerdigungen. Sie pflegt auch die Gemeinschaft in vielfältiger Weise. Einen ganz speziellen Gemeinde-Erlebnistag wurde am letzten Samstag geboten, als um acht Uhr ein Bus der Firma Gross mit knapp 60 Teilnehmern Richtung Kreuzlingen vom Kirchplatz in Rorschach rollte. Ziel war das Campus Galli in Messkirch. Bilder und Text stammen von Werner Nef. Herzlichen Dank.
„Während der Fahrt stimmte Pfarrer Pius Helfenstein die fröhliche Schar auf das Klosterleben ein und erzählte, wie es in den mittelalterlichen Klöstern zu und her ging. Als wir gegen zehn Uhr auf dem Parkplatz ankamen, hatte ein Team um Peter Bruderer bereits einen Tisch mit Kaffee und Gebäck aufgestellt, um uns vor der Besichtigung zu stärken. Am Eingang wurden wir von einer Führerin begrüsst und in einem Einführungsvortrag über den St.Galler Klosterplan und die Anlage in Messkirch eingeweiht. Wir erfuhren, dass zur Karolingerzeit zwischen 820 – 825 ein Mönch auf der Insel Reichenau einen Klosterplan zeichnete. Das war kein Bauplan, sondern eher eine graphische Checkliste, was alles für eine gut funktionierende Klosteranlage nötig war. Nebst einer Klosterkirche benötigte man Schlaf-, Ess- und Verhandlungsräume für die Mönche, aber auch Gästehäuser, Vorratskammern, Scheunen zur Lagerung der Zehnten, Stallungen und diverse Werkstätten für die Schmiede, Steinmetzte, Korbmacher oder Töpfer. Der Plan gelangte bald nach St.Gallen, wo er in der Stiftsbibliothek abgelegt wurde. Später missbrauchte das wertvolle Pergament ein Mönch auf der Rückseite für die Vita des heiligen Martin. Weil der Platz knapp wurde, radierte er auf dem Plan ein Gebäude weg und schrieb seinen Text fertig. Dann tauchte das Schriftstück wieder für über 1000 Jahre in der Stiftsbibliothek unter.

Um 2011 wurde ein Trägerverein gegründet, der diesen Klosterplan in die Tat umsetzen möchte. In Messkirch fand man ein geeignetes Waldstück, wo in mühevoller Arbeit die Gebäude in möglichst originaler Weise gebaut werden. Der Klosterplan enthielt keine Bauanleitungen noch Masse, ausser für die Kirche, noch wurde er massstäblich gezeichnet. So bleibt für die Bauleute eine riesen Arbeit, denn die Ausführungsmethoden müssen neu nach alten Erkenntnissen zusammengetragen werden. 2012 begannen die ersten Vorarbeiten und bereits ein Jahr später konnten auf dem Gelände die ersten Besucher empfangen werden. Wie lange es dauert, bis der ganze Klosterplan verwirklicht ist, kann niemand sagen. Ein Grund, im krassen Gegensatz zur heutigen Zeit finden die Handwerker Muse, mit den Besuchern über ihre Tätigkeit zu plaudern. Die Verträge mit der Gemeinde laufen erst einmal bis 2060.

Wir wurden in drei Gruppen aufgeteilt, so dass man bequem die einzelnen Gebäude bestaunen und den Ausführungen des Führers folgen konnte. Eine Gruppe war speziell für Familien mit ihren Kindern vorgesehen. Besonders eindrücklich wirkte die grosse Scheune, die mit einem wuchtigen Strohdach bedeckt ist. Auch ein mittelalterlicher Friedhof ist vorhanden, der aber mangels verstorbener Mönche als Ostgarten eine Verwendung findet. Auch ein Gemüse- und ein Kräutergarten darf natürlich nicht fehlen. Wir vernahmen, dass das erste Gebäude ein Gebetshaus war, wo die Handwerker erste Erfahrungen mit dem mittelalterlichen Bauen sammeln konnten. An diesem Samstag musste auch die Schafherde zur Frühjahrsschur antreten, damit die Wolle im Camp wieder weiterverwendet werden kann. Auf dem Marktplatz werden die Baumstämme aus der Umgebung zu Balken gehauen und später ihrem Verwendungszweck entsprechend zugeschnitten oder abgebunden wie die Zimmermänner das nennen. Hier trafen wir zur Mittagszeit ein, wo auch für das Leibliche Wohl der Besucher und Arbeiter gesorgt wird. Für uns stand eine Linsensuppe mit Wurst und Roggenbrot bereit.

Nach dem Essen stand genügend Zeit für einen individuellen Rundgang oder ein Schwatz mit den andern Teilnehmern zur Verfügung. Um drei Uhr besammelten wir uns wieder auf dem Marktplatz für ein kurzes Schlusswort von Pfarrer Patrick Marchlewitz, bevor wir gemeinsam durch die Anlage zum Parkplatz zurück spazierten. Dort hat das Verpflegungsteam wieder Kaffee und Kuchen bereitgestellt, damit wir die Heimfahrt in vollen Zügen geniessen durften. Um 18 Uhr erreichten wir den Einstiegsort bei der Kirche, wo sich eine zufriedene und mit vielen interessanten Erkenntnissen gespickte Reisegruppe wieder auflöste.“

Mehr Bilder finden Interessierte hier.

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