#Roar for Rorschach – Brüllen wie ein Löwe!

Eigentlich sollte man sich ja freuen, wenn jemand das Wort Rorschach in den Mund nimmt und damit nicht den vor 100 Jahren in Herisau verstorbenen Psychiater und seinen Test meint, sondern unsere Stadt am See.

Trotzdem zucke ich immer zusammen, wenn ich irgendwo als „Roman aus Rohrschach“ vorgestellt werde. Sofort habe ich den Impuls richtig zu stellen: Da kommt zwar zweimal die Silbe „Ro-“ gefolgt von einem Konsonanten, und doch klingt es nicht gleich. „Roman“ mit geschlossenem „o“, bei dem die gespitzten Lippen einen Kreis – oder eben ein o – bilden. „Rorschach“ dagegen, der gastlichen Hafenstadt entsprechend, mit einem offenen „o“, der Mund geöffnet, der Sound im Rachen produziert.

So wie das Brüllen eines Löwen, was auf Englisch „to roar“ heisst. Für eine Kampagne, die Uneingeweihten die Aussprache des Namens Rorschach erklärt, könnte man den berühmten brüllenden Löwen im Logo des Filmstudios Metro-Goldwyn Mayer beiziehen:

Warum der Name so ausgesprochen wird, weiss ich auch nicht. Erstmals schriftlich bezeugt findet sich Rorschach im Jahr 850 in der Lagebeschreibung “inter Coldahun villam et Rorscachun situm” (zwischen dem Dorf Goldach und Rorschach gelegen). Der Name ist eine Zusammensetzung aus dem Althochdeutschen rōr (Rohr, Schilf) und scaho (Wäldchen, Schachen). Bereits damals also ohne “h” beim o. Ärgerlich bloss, dass wir schon in der ersten Erwähnung hinter Goldach aufgeführt werden!

Einen voraus hat da beiden Gemeinden aber der Rorschacherberg: Im Hohriet, auf dem heute bewaldeten Hügel zwischen Hof und der Steigstrasse, war schon vor über 3600 Jahren eine prähistorische Wehranlage. Wie die ersten Rorschacherbergler ihre Bucht nannten, ist nicht überliefert.

Nachdem unsere Vorfahren vom See mit ihrem Fischfang den halben Berg hoch gekraxelt sind, nahmen sie sich sicher nicht die Mühe die Lippen zu einem spitzen und ein geschlossenen  “o” zu formen. Eher sanken sie auf ihre Felle mit einem offenen “Hrrooaar”, gefolgt von einem entspannten “shhachhh”.

Zurück zum Löwen: Dieser kommt in unserer Stadt ja allerorten vor: Vom Bier zur Strasse, zum Hotel und Pub. Warum es der Löwe aus Afrika in soviele Gasthöfe am Bodensee geschafft hat, ist nicht ganz klar. Manche erklären es mit den vier Evangelisten und ihren Symbolen: Für Johannes steht der Adler, für Lukas der Ochse, Matthäus der Engel und Markus hat man den Löwen zugeteilt: Alles häufige Beizen-Namen. Auch andere Symbole des Christentums gaben Beizen ihren Namen: Kreuz, Sonne, Stern. Andere sagen, der Löwe sei einfach schon immer ein starker Markenname, nicht umsonst gelte er als König der Tiere. Dritte wiederum weisen darauf hin, dass am Ende der Strasse, die zur Löwenstrasse wurde, früher jeweils ein Zirkus mit echten Löwen gewesen sei.

Manche Orte haben ja Löwen sogar ihren Wappen, wir dagegen zwei tote Fische. Vielleicht sollten man den Wappenerneuerer Manuel Stahlberger fragen, was sich machen lässt, um den Fabelkönig irgendwie in die Rorschacherflagge zu integrieren, ein bisschen mehr Gebrüll täte Rorschach gut.

Mit Schrecken habe nämlich ich bei den Nachforschungen für diesen Artikel festgestellt, dass der Name Rorschach schon in einigen Ländern als Trademark – also eingetragene Schutzmarke – verzeichnet ist: als psychologisches Kartenspiel, als Software und Comic-Charakter, nicht aber als Stadt am See.

Amerikanische Gerichte, die üblicherweise Präzedenzfälle setzen, haben sich auch bereits mit Streitigkeiten zwischen dem Kartenspiel-Produzenten und dem Software-Hersteller  befasst. Dass das alte Städtchen am Bodensee Vorrang hat, wenn es darum geht, hinter den Namen ein kleines “TM” zu setzen, wird US-Verleihen mit einem guten Rorschach-Produkt am Start dann ziemlich egal sein.

Dabei ist Rorschach heute gut aufgestellt, um mit den besten Löwen zu brüllen: Kulturprojekte wie die Industrie 36 mit der Rorschacher Kulturfabrik sind vielversprechend gestartet, das Treppenhaus, die Strandfestwochen und das ständig wachsende Zeltwerk-Netzwerk versprechen einen heissen Rorschacher Sommer.

In diesem Sinne: #Roar for Rorschach!

 

Der Rorschacher Journalist, Lehrer und Musiker Roman Elsener bläst seit Anfang 2022 in unregelmässigen Abständen in sein Horn fürs Rorschacher Echo. Roman ist in Rorschach aufgewachsen und teilt sich seine Zeit seit über 25 Jahren zwischen Rorschach und New York. Er ist Sänger der Band “The Roman Games”.

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2 Kommentare zu "#Roar for Rorschach – Brüllen wie ein Löwe!"

  1. Roman Elseners Beiträge sind ein Lesevergnügen sondergleichen und seine Hornstösse Musik auf höchstem Niveau.
    Vielen Dank!

Kommentare sind deaktiviert.