Steuerfüsse mit kurzen Beinen

Genau um zwei Personen, geneigte Rechnerinnen, geneigte Rechner, ist die Einwohnerschaft Rorschachs von Ende 2016 auf Ende 2017 gewachsen. Als der heutige Rorschacher Stadtpräsident sein Amt im Jahr 2003 antrat, wohnten in der Hafenstadt 8639 Personen. Sein erklärtes Ziel war eine Stadtbevölkerung von 10‘000 Personen. Ende letzten Jahr waren’s 9288. Also müsste er noch bis im Jahr 2034 auf seinem Thron kleben, um sein Einwohnerschaftsziel zu erreichen. Oder aber er führt 3 Prozent jener 18‘000 Flüchtlinge nach Rorschach, die jährlich in der Schweiz Asyl suchen. Wohnraum für diese 540 Personen stände in der Hafenstadt zur Verfügung. Ende letzten Jahres waren‘s 209 Leerwohnungen. Jetzt blieben nur noch 172 Personen bis zum Einwohnerschaftsziel. Dieses könnte der Stadtpräsidenten dann in vier statt sechzehn weiteren Amtsjahren erreichen.

Klar, Statistiken sind das eine, die Realität ist das andere. Aber Vergleiche von Äpfeln mit Birnen erfreuen sich auch im Rorschacher Rathaus einiger Beliebtheit. Seine traditionelle Begründung des mangelnden Einwohnerschaftszuwachs war auch in diesem Jahr wieder zu vernehmen – vom Stadtschreiber in seines Arbeitgebers Namen: Der hohe Rorschacher Steuerfuss ist schuld am mangelnden Zuwachs, denn der hiesige Steuerfuss beträgt 146 Prozent. In Goldach sind’s 107, in Rorschacherberg 105. In Rorschach bezahlt man 39 Gemeindesteuerprozente mehr als in Rorschacherberg und 37 mehr als in Goldach. Also viel.

Wenn aber Adam Riese zu den Gemeindesteuerfüssen die Kantonssteuern addiert, um von dieser Basis aus den prozentualen Unterschied zu rechnen, resultieren rund 20, respektive rund 18 Prozent.  Also weniger. Diese geringere Höhe schrumpft weiter angesichts der Frankenbeträge: Ein Ehepaar mit zwei Kindern bezahlt bei einem Nettoeinkommen von 60‘000 Franken in Rorschach (ohne Vermögens- und Kirchen-steuer) pro Monat etwa 70 Franken mehr als in den beiden Nachbargemeinden, bei einem Nettoeinkommen von 80‘000 Franken etwa 140 und bei einem Nettoeinkommen von 100‘000 Franken etwa 180 Franken mehr. Die höheren Wohnkosten in den beiden Nachbargemeinden fressen ihre Steuervorteile wieder auf.

Dass Rorschachs Steuerfuss verantwortlich für den geringen Einwohnerschaftszuwachs ist und vor ein paar Jahren die Fusion mit den beiden Nachbargemeinden verhinderte, haben wir, geneigte Leserin, geneigter Leser, der Rechnung eines kopflosen Milchmädchens zu verdanken. In seinem Namen grüsst Sie

Ihr Federfuchser

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