Geplante Spitalschliessung stösst auch hier auf Kritik

Das Positive vorweg: Wir haben ein zentrales Wahlkampfthema rund um die bevorstehenden Wahlen in die St. Galler Regierung und die Neubestellung des ganzen Kantonsrates. Nachstehend  die Medienmitteilung des Stadtrats Rorschach und weiter unten eine Reaktion des Rorschacher Hausarztes Thomas Chlibec.

Der Stadtrat Rorschach will von der Regierung zusätzliche Auskünfte zur Spitalstrategie, bevor er sich abschliessend festlegt.

Der Stadtrat Rorschach hat an seiner heutigen Sitzung die Spitalstrategie der St. Galler Regierung zur Kenntnis genommen. Bevor er sich inhaltlich abschliessend festlegt, will er möglichst rasch eine Besprechung mit der Kantonsregierung und dem Spital-Verwaltungsrat. Der Stadtrat will dargelegt bekommen, was die Spitalstrategie für den Standort Rorschach konkret bedeutet.

Generell lehnt der Stadtrat Rorschach die Schliessung von kantonalen Spitälern als reine Sparmassnahme nach wie vor ab, weil Spitalschliessungen für sich allein nur sehr begrenzte Wirkung auf die Gesundheitskosten haben. Kostentreiber im kantonalen Gesundheitswesen sind nicht in erster Linie allfällige Defizitbeiträge des Kantons an seine eigenen Spitäler. Um ein Vielfaches höher sind die aktuell 555 Millionen Franken, die der Kanton in Ergänzung zu den Krankenkassen jährlich in der Form von Fallpauschalen gemäss Bundesgesetz über die Krankenversicherung (KVG) zu leisten hat. Diese Fallpauschalen muss der Kanton unabhängig davon bezahlen, ob seine Patienten in einem kantonalen, ausserkantonalen oder privaten Spital behandelt werden. In diesem Punkt bringt die neue Spitalstrategie mit der Konzentration der stationären Behandlungen auf bloss noch 4 Standorte keinerlei Einsparungen, weil die an 5 Standorten wegfallenden Betten an den 4 verbleibenden Standorten ersatzweise neu erstellt werden müssen und damit die Höhe der vom Kanton zu bezahlenden Fallpauschalen über alles gleich bleibt.

Andererseits erkennt der Stadtrat Rorschach die Fortschritte der Medizin, die heute ambulante Eingriffe in Fällen ermöglicht, wo früher längere Spitalaufenthalte die Regel waren. Dass der Kanton die Gesundheitsversorgung an diese Entwicklung anpassen will, ist grundsätzlich nachvollziehbar. Veränderungen dürfen aber nicht einseitig zu Lasten von nur einzelnen Regionen gehen. Vor seiner abschliessenden Stellungnahme will der Stadtrat von der Kantonsregierung wissen, was die neue Spitalstrategie für den Standort Rorschach konkret bedeutet, und er will die Zusicherung des Kantons und des Spital-Veraltungsrates, dass die Stadt und Region Rorschach in die Ausgestaltung von Bau und Betrieb eines allfällig neuen Gesundheits- und Notfallzentrums (GNZ) einbezogen werden. (sk)

Hausarzt Thomas Chlibec aus Rorschach hat bezüglich den Schliessungsabsichten auch eine klare Meinung:

„Ich denke, man darf von einem Kahlschlag in der Spitallandschaft sprechen, immerhin sollen nur noch 4 Spitäler im Kanton erhalten bleiben. Die ersatzweise Schaffung von „ambulanten Notfallzentren“ dürfte eher ein strategischer Schachzug sein, um die Bevölkerung vom neuen Konzept zu überzeugen. Sie sind meines Erachtens mancherorts zu wenig, mancherorts überflüssig. Und wie diese Notfallzentren aussehen sollen, das ist noch gar nicht klar. Ob sie ohne ein nachgeschaltetes Spital überhaupt Sinn machen auch nicht. Sie wären eigentlich eine „Permanence“, die man vermutlich privatwirtschaftlich effektiver betreiben würde.

Auch die im Vorfeld erfragten Wünsche der Ärzteschaft finden sich im Konzept je nach Region nur zum Teil oder gar nicht wider. Ich bezweifle, dass KPMG hier ein schlauer Ratgeber war. Für das Spital Rorschach bedeutet das aktuelle Modell zumindest das endgültige Aus in 2 Jahren. Alle stationären Fälle sollen dann vom Kantonsspital behandelt werden, was nach heutigem Stand eine Herausforderung sein wird. Hier wird das Kantonsspital mit seinen komplizierten Abläufen wohl noch einmal über die Bücher müssen und schlanke Abläufe auf die Beine stellen müssen, will es mit den dann geschlossenen kleinen Spitälern in der „einfachen“ Grundversorger-Medizin mithalten.

Im von der Regierung favorisierten Konzept, in dem nur noch das Kantonsspital St Gallen, das Spital Grabs, das Spital Linth und das Spital Wil erhalten bleiben, geht man auch bezüglich der Bettenzahl meines Erachtens ein hohes Risiko. Man geht von einer massiven Reduktion des derzeitigen Bettenbedarfs auf Grund künftig vornehmlich ambulant operierter Patienten aus. Diese zugrunde gelegten Annahmen sind teils spekulativ und man darf ruhig fragen, ob das System auch verhebt, wenn einmal mehr Patienten als üblich stationär behandelt werden müssen (Krisensituationen, Katastrophen, Epidemie etc.). Für solche Szenarien gibt es dann sicher keine Reserven mehr. Hier hat die Bevölkerung durchaus auch einen Anspruch auf eine weitsichtige Strategie.
Für die Bevölkerung wird sich mit der neuen „4plus5″ Strategie einiges ändern, das wird man spüren. Wenn die im vorgelegten Konzept zugrundgelegten Annahmen über die erwarteten Einsparungen zu optimistisch waren und am Ende doch nur marginal sein werden, darf man schon fragen: warum das alles. Ich habe ja bereits früher schon gesagt, dass ich den Schlüssel für eine langfristig kostengünstige Spitalstrategie in der Stärkung und Modernisierung kleiner Spitäler und eher eine Beschneidung der Aufgaben des Kantonsspitals sehe. Aber das ist ja so ziemlich das Gegenteil von dem, was heute vorgestellt wurde.

Es gibt sicher Diskussionsbedarf und am Ende steht vielleicht eine ausgewogenes Konzept. Ich hoffe sehr, dass die Bevölkerung und die Medizinalpersonen ihre Bedürfnisse klar platzieren und dass diese Bedürfnisse in das Konzept einfliessen. Ich bin aber sehr pessimistisch, was den Erhalt des Spital Rorschach angeht. Im neuen Konzept hat das Spital Rorschach als potentieller Konkurrent zum Kantonsspital scheinbar keinen Platz. Andere kleine Spitäler, die nicht so nahe am Kantonsspital gelegen sind, haben da vielleicht doch noch eine Chance, erhalten zu bleiben.“ Thomas Chlibec, Rorschach.

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