Debatte über das neue Gesetz über Wahlen und Abstimmungen

Der Rorschacher Stadtrat und Schulratspräsident Guido Etterlin durfte anlässlich der aktuellen Session im Kantonsrat als Sprecher seiner Faktion ein wichtiges Geschäft im Kantonsrat vertreten. Dabei hat er versucht, einen Weg zu finden, wie das Proporzwahlsystem nach der Methode Hagenbach-Bischoff in Richtung „Doppelter Pukelsheimer“ zu reformieren wäre. Der Kanton Zürich wendet dieses an, weil auch er das Problem hatte, dass die Wahlrechtsgleichheit nichts mehr gewährleistet war. Weiter hält er fest:

„Nach fast 50 Jahren soll der Kanton St. Gallen ein neues Wahlgesetz erhalten. Die Hauptstossrichtung der Regierung war, das alte Gesetz in ein neues übersichtliches Gewand zu kleiden und solide gesetzliche Grundlagen für die Einführung von E-Voting zu schaffen. Das neue Gesetz umfasst 120 Artikel, das bisherige lediglich 65. Wer immer sich über die zunehmende Regelungsdichte beschweren mag und nach Deregulierung ruft, soll sich diese Vorlage genauer anschauen. Die Welt wird stetig komplexer und die Gesetze umfassender. Die Regierung möchte dem Rechnung tragen und dafür auf eine Vollzugsverordnung verzichten. Das wiederum wird einen erhöhten Bedarf generieren auf Nachtragsgesetze zum WAG.

Das St. Galler Wahlgesetzgebung weist beim Proporzrecht gravierende Mängel auf. Während zahlreiche Kantone das Proprozwahlrecht moderner und Zielgruppengerechter ausstatten, verschärft das St. Galler Parlament seit Jahren die Proporzregeln. Mittlerweile sind im kleinsten Wahlkreis 11,1 % der Stimmen für einen Sitz nötig, im grössten jedoch nur 3,4%. Das ist nicht nur ungerecht, sondern benachteiligt insbesondere kleine und kleinere Parteien wie die Grünen, GLP, EVP und BDP. Ziel eines Proporzssystems muss es sein, dass der Wähleranteil im Parlament möglichst präzise die Ergebnisse wiedergeben. Die SVP beispielsweise verfügt über einen Wähleranteil von 27 %, hat im Parlament jedoch 33% der Sitze und ist damit mit vier Sitzen übervertreten. Nach neuem Wahlrecht sollen die grossen Parteien bei den Ordnungsnummern nun auch noch privilegiert werden. Klar ist diese Ordnungsnummer für das Ergebnis nicht entscheidend, störend aber auf alle Fälle. Es könnte sich sogar die Frage stellen, ob das St. Galler Proporzsystem in dieser Entwicklung überhaupt noch konform ist mit den Bestimmungen in Art. 34 der Bundesverfassung über die Wahlrechtsgleichheit. Anscheinend ist bereits geplant, die Wahlkreisstärke nicht mehr auf die Bevölkerungszahl abzustützen sondern nur noch auf die Anzahl Stimmberechtigten. Ja soll das Parlament denn inskünftig die Kinder und Jugendlichen oder die auch berechtigten Anliegen der ausländischen Bevölkerungsgruppe nicht mehr wahrnehmen?

Vor rund 10 Jahren wurden die gesetzlichen Grundlagen geschaffen für die Versuchsbetriebe zum E-Voting. Diese laufen nun seit kurzer Zeit in fünf Pilotgemeinden. Das neue Gesetz sieht vor, dass der Prozess für diesen neuen Stimmkanal weitergeführt und die notwendigen Informatiklösungen weiterentwickelt werden können. Die vorberatende Kommission hat massgeblich dazu beigetragen, eine tragfähige Lösung für E-Voting im Parlament herbeizuführen. So muss das Kantonsparlament sein Einverständnis abgeben, wenn für mehr als 30 % der Stimmbevölkerung E-Voting einführt werden soll. Zur Vertrauensbildung wurden zudem hohe Anforderungen definiert an das E-Voting-System. Nichts darf jedoch darüber hinwegtäuschen, dass es maximale Sicherheit auch in diesem Belange geben nicht geben wird.“ (pd)

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