Kein Einspruch gegen die gefällige Fassade

In glänzendem Braun, geschätzte Konsumentinnen, geschätzte Konsumenten, präsentiert sich an sonnigen Tagen die neue Coop-Fassade innerhalb der Rorschacher Zonengrenze für Fussgängernde. Die waagrechte Augenweide aus Kupfer fügt sich dank senkrechter Linien harmonisch in ihre architektonische Umgebung mit der sehenswürdigen Dominanz des horizontalen und vertikalen Anschauungsmaterials. Wobei das glänzende Braun der Coop-Fassade schon beinahe ein klitzekleines Bisschen gegen das matte Weiss und das matte Grau beim rechteckigen Trischliplatzes rebelliert.  

Ob sich der hellbraune Fassadenglanz durch Erosion bald in ein mattes Hellgrün und später in ein matt-schmutziges Dunkelbraun wandeln wird, bleibe im Herzen unserer Hafenstadt dahingestellt. Fraglos hätte aber eine Fassade mit organisch geformten, grösseren und kleineren Flächen greller und gleichzeitig warmer Farben eine Lebendigkeit inszeniert, die der gepflegten Ruhe der abendlichen und nächtlichen Fussgängerzone nicht angemessen wäre. Mehr noch: Ein solcher Kontrast wäre eine Faust aufs Bemühen der Rorschacher Stadtentwicklung um ein ordentlich geordnetes, gegen (fast) jegliche Regungen einer zart  blühenden Fröhlichkeit immunes Stadtbild.

Zu loben ist Coop also dafür, dass sich ihre neue Fassade völlig unauffällig ins Rorschacher Blickfeld sanfter Eintönigkeit integriert. Mit Blattgold überzogen wäre diese Fassade ein Blendwerk, das dauerhaft funkelnd über die biedere Realität der Hafenstadt hinwegflunkert. Mit Spiessen müssten darum ihre Bürgerinnen und Bürger gegen eine solche Ästhetisierung ihrer Lebenswelt kämpfen. Denn nur so könnten sie weitere Auswüchse urbaner Phantasieorgien im Keim ersticken. Was nämlich eine kunterbunte und goldglänzende Manifestation überflüssiger Kreativität leistet, zeigt in Altenrhein die Hundertwasser-Markthalle: Fest verankert in der Erde verneigt sie sich vor dem Verkehr des Alltags, der sich zu ihren Füssen regelkonform flüssig im Kreis dreht – was er auch ohne Anwesenheit des schrillen Gebäudes tun würde. Deshalb ist mit Ihnen, geneigte Rorschacherin, geneigter Rorschacher, froh darüber, dass die neue Coop-Fassade beim idyllischen Marktplatz (ohne störendes Markttreiben) keinen Anlass zur Kritik gibt,

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