Eine lebendige Stadt trotz sterbender Läden?

Ein Geier kreist, geneigte Leserinnen, geneigte Leser, nicht nur über allen Schweizer Städten, sondern auch über jenen der Ostschweiz und über Rorschach. Der Geier heisst Ladensterben. Genährt wird sein gieriger Hunger vom Einkaufstourismus über die Landesgrenzen, von den Shoppingcentern vor den Stadteingängen und vom Onlinehandel. Was aber den einen ihre Geier, sind den anderen ihre Möwen. Und diese krächzen vom Rorschacher Seeufer, wo sich im Detailhandel der Hafenstadt die Würmer vermehren.

Beherzte Geschäftsleute rufen die Rorschacher Bevölkerung hin und wieder auf, in Rorschach einzukaufen. Pendlerinnen und Pendler fragen sich indessen, warum sie nicht dort einkaufen sollen, wo sie ihr Geld verdienen oder wo sie schon vor ihrem Umzug in die Hafenstadt eingekauft haben. Gleichzeitig setzt Rorschachs Stadtentwicklungskonzept auf möglichst viele neue Wohnungen für steuerkräftige Neuzuzüger, die dann ebenfalls zur Arbeit und zum Einkaufen pendeln. Darunter leidet auch unser alt eingesessener Detailhandel. Das laute Absingen von Klageliedern – etwa über zu wenig Parkplätze oder zu hohes Verkehrsaufkommen in der Hauptstrasse – dringt jedoch vor allem aus neuen Läden, die in profunder Unkenntnis der hiesigen Kundenbedürfnisse und Einkaufsgewohnheiten eröffnet werden. Die meisten Inhaberinnen und Inhaber solcher Läden verabschieden sich nach wenigen Monaten ebenso erfolg- wie sang- und klanglos aus dem Stadtbild. Leere Schaufenster, schrille  Ausverkaufsreklamen und billige Rabattangebote zwischen fast leeren oder geschlossenen Beizen bleiben damit ein vertrauter Anblick.

Was die Rorschacher Stadtentwicklung konzeptionell verschläft, kompensiert das vielseitige Rorschacher Kulturleben – so gut es geht. Leider nimmt sich der Stadtrat die entsprechenden Privatinitiativen nicht zum Vorbild. Vielmehr hat er vor einigen Jahren die realistische Stadtentwicklungsvorschläge der Aktion «Stadt als Bühne» zwar dankend entgegengenommen, aber im Staub seiner Amtsstuben versenkt. So bleibt uns, treue Rorschacherin, treuer Rorschacher, nur noch die schöne Erinnerung ans Bodensee-Hochwasser im Frühling 1999. Damals war die Hauptstrasse wegen der Überschwemmung und noch Wochen danach zur Austrocknung ihres Unterbaus vom Verkehr befreit. Während dieser Zeit herrschte hier eine lebendige, fast südländische Atmosphäre. Zu verdanken war sie den kreativen Initiativen der Inhaberinnen und Inhabern dortiger Laden- und Gastronomielokale. In dieser Erinnerung schwelgt immer wieder gerne

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